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... Geld! 30. Juni

Der Regisseur Christoph Schlingensief wurde von der Deutschen Bank als kulturelles Rahmenprogramm zur Tagung ėKapitalismus im 21. Jahrhundert" engagiert. Am Freitag abend will er in Berlin Geld vom Reichtagsgebäude fliegen lassen: 100 000 Mark in Zehn-Mark-Scheinen. Das Motto der Aktion lautet ėRettet den Kapitalismus - schmeißt das Geld weg". Geld, so Schlingensief, sei das einzige, was die Menschen mobilisiere.
"Wir schmeißen das Geld weg - und ihr sammelt es auf. Das ist Kultur für die Massen", beschreibt der Künstler seinen Plan.

Outet sich die Kunst endlich als rausgeworfenes Geld? Kunstproduktion in Komplizenschaft mit dem Kapitalismus, Business a.u. Schlingensief hat recht, aber die Deutsche Bank wird nicht zulassen, daß das Kulturgut Geld auf so trivialem Weg ins Publikum gelangt. Erst muß das Geld veredelt werden, transformiert. Mehrwert heißt das dann, und die sogenannten Künstler und Künstlerinnen liefern den Service. Die Frage lautet, wer die Regeln setzt, und wer ist Herr und wer ist Knecht? Die Gönner, Förderer, Sponsoren werden sich bedanken, wenn ihnen K+K an die Spendierhosen pinkelt. Also brav sein, damit Quellen sprudeln.

Ist ja auch fast unmöglich geworden, NICHT brav zu sein. Rahmenprogramm mit Rebellen und Rabauken, Mantras, Provokation. Litaneien der Originalität proben Aufstand, dafür gibts dann einen Groschen in den Klingelbeutel. Dankeschön, Händeschütteln, Foto fürs Feuilleton. Morgen hab' ich aber keine Zeit, da muß ich fünf Anträge schreiben und mit dem Dings und der Da telefonieren und zwei Konzepte hätt' ich auch noch in der Tasche, damit läßt sich vielleicht was rausholen, so ein Streß.
Sagte einer bei Shakespeare: Mehr Inhalt, weniger Kunst!


Heute rief mich ein netter Herr vom Kulturreferat an: das Projekt schlampe bekommt eine Förderung.

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... Logik des Kulturbetriebs, 31. Juni


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chlampe an alle