gestern

... Gastbeitrag von gluhm@gmx.ch

Einmal warf Rose ihre Wut in die Luft und sie fiel in den Briefkasten des pseudonymen Dichters, ihr wißt schon, des Dichters am anderen Hörer, Elektronen rasen beschäftigungslos hin und her und werden nervös, weil sie nichts zu transportieren haben, und dann sagt eine Stimme: Ja nun, und die Elektronen atmen auf, endlich was zu tun.

Heimat spreizt sich über das Gesicht des bangen Schläfers. Gießt sich in seinen Schlund. Heimat ist die Qualle, die sich auf das Gesicht des bangen Schläfers setzt. Die rotgesichtige Qualle hat das Wort wir erfunden, jetzt benutzt sie es dauernd, sie sagt zum Beispiel: "hier tun wir das nicht" oder "wir haben doch da ganz andere Vorstellungen" oder "wir lassen uns nicht erpressen". Qualle steckt den lieben Gott ins heim@museum. Qualle ist aber ganz nett, das sagen alle, und einer hat, den Bierkrug in der Hand, gesagt: Man muß ja nicht in allem mit Qualle einig sein, aber wenigstens ist Qualle mal eine die aufsteht und sich auf dein Gesicht setzt und dir die Dinge in den Schlund würgt. Rose in Czernowitz, Rose in Berlin, Rose in New York, Rose in den Armen des Freundes, auch son Penner, nennt sie Sulamith, beginnt zu flennen, wenn man Rose auch nur ein bißchen hart anfaßt, aber diese Weiber, hat Qualle in den Schlund gestopft, diese Weiber muß man ja ein bißchen hart anfaßen, die haben doch sonst bloß eine freche Schnauze, und das haben wir hier nicht so gern. Wir sagen immer: Wer noch sowas wie anständiges Heimatgefühl aufbringt, ne, den bringt auch so'n bißchen Gas nicht um.

Andere Wörter, die Qualle dem bangen Schläfer in den Schlund würgt, sind: "echt": echtes Heimatgefühl, echtes Bier, echte Einstellung; "gesund": gesundes Heimatgefühl, gesundes Bier, gesunde Einstellung; "ehrlich": ehrliches Heimatgefühl, ehrliches Bier, ehrliche Einstellung.

Qualle sagt: Wir sind in München auf den Alten Peter gestiegen und in Basel auf den Turm des Bernoulli-Silos am Rheinhafen, und wir haben, und wir sagen dies hier mit gutem Recht und mit ganzer Deutlichkeit, die Städte von oben gesehen, wir haben, und auch dies muß hier einmal mit mutiger Entschiedenheit betont werden dürfen, feststellen müssen, daß man von oben die Ausländerquartiere von den Einheimischenquartieren unterscheiden kann, hier bedarf es, wir betonen dies ja hier von dieser Stelle aus nicht zum ersten Mal, einer Strukturbereinigung.

Qualle liebt die sogenannten 6 W: Wann, Wo, Wer, Was, Wie, Wieviel.

Wenn Rose durch München geht, wird ihr Schritt weich. Das sieht Qualle nicht. Rose sieht den Rost am Geländer, sieht einen Pflaumenbaum. Das sieht Qualle nicht. Für Qualle sind solche Dinge leitkulturell gesehen unbedeutend.

Der bange Schläfer ist erwacht. Er wäscht sich Qualle vom Gesicht und schreibt ein Heimatgedicht für Rose.


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chlampe an alle