gestern

... Die Pistole ist in meiner Hand, 20. November

Seit einer Woche bin ich süchtig. Ich, die ich nie abhängig werden wollte. Es hat mich erwischt. Ich kann nicht mehr aufhören. Ich will nichts anderes mehr. Ich bin glücklich wenn ich meine Droge habe. Ich bekomme nicht genug. Noch bevor der eine Rausch zu Ende ist, verlange ich nach meiner nächsten Dosis. Lange Phasen des Tages verbringe ich damit, an meine Droge zu denken. Mit meinen Freunden rede ich über nichts anderes als über die Droge und meinen Drogenkonsum. Manche finden es bedenklich. Fragen mich nach dem warum. Andere bemühen sich mich zu verstehen, wenigstens ein bißchen. Nur Ben versteht mich wirklich. Wir haben die Droge zusammen das erste Mal genommen, heute vor einer Woche, bei beiden die gleiche durchschlagende Wirkung, seither teilen wir dasselbe Schicksal.

Manchmal frage ich mich, ob es vielleicht doch nicht Sucht, sondern Erleuchtung ist. Zumindest unterstellte mir eine Freundin, mit der ich über meine Droge sprach, daß ich eine neue Kirche gründen wollte. Möglicherweise gar nicht so verkehrt. Selbsterkenntnis, Drogen, Religion, Rausch.
Jedenfalls sprechen wir, die Adepten, die Eingeweihten und Initiierten in Zungen. Wir sehen mehr. Wir sehen die Bilder zwischen den Bildern. Wir kennen die Regeln. Wir hören Stimmen, subliminale Botschaften, die mein Leben verändert haben. Nie wieder werde ich Seife in einer Parfümerie kaufen. Und auch das schwedische Einrichtungshaus hat eine völlig neue Bedeutungsdimension für mich erlangt.

Seid ihr soweit? Dann ist es Zeit für die Werbung und die Bekehrung: "Dieser Film ist Gott", entfuhr es Ben, als der Abspann begann, und ich fiel auf die Knie und stammelte "Halleluja!" Dieser Film ist das Beste, was dieses nicht enden wollende Jahrhundert zu bieten hat und DIE einzig gültige und wahrhaftige Zusammenfassung der neunziger Jahre.
Es ist der Film der Filme und ich werde Buße tun und mein täglicher FIGHT CLUB komme über mich. Es ist der Film, der die Synapsen zum Glühen bringt und sie in ihre einzige und echte Form zurückführen kann. Dieser Film ist WAHRHEIT und MUT und ERKENNTNIS. FIGHT CLUB zerschlägt Lug und Trug dieser Welt auf daß die Wahrheit lachend ans Licht trete.

Glaube nicht, was die Kinowerbung sagt. Sie will Dich täuschen. Es ist kein Film übers Kämpfen, und wenn dann im spirituellen Sinn. Es ist kein brutaler oder gewaltverherrlichender Film. Es ist kein Film, bei dem es von irgendeiner Bedeutung ist, wie Brad Pitt aussieht.

FIGHT CLUB ist Bild gewordene Philosophie, FIGHT CLUB ist Euphorie und Ekstase, FIGHT CLUB ist Häresie auf Zelluloid, die das Unaussprechliche in die Welt lacht.
Verglichen damit ist "The Matrix" ein postmodernes Gedankenspiel für den Kindergarten, für Kleinmütige, die das Grosse nicht zu denken wagen und sich von den leeren Worthülsen eines Morpheus einlullen lassen, für Spiesser, die sich für revolutionäre Widerstandskämpfer halten, wenn sie ihre infantilen Allmachtsphantasien mit Ballistik und schicken Klamotten verwechseln. Für die, die stark sind im Geiste, ist der FIGHT CLUB der Schlüssel zu ewiger Erkenntnis und Freiheit.

Daher gibt es in diesen vorweihnachtlichen und besinnlichen Tagen nur eine Botschaft: GO AND SEE FIGHT CLUB!



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chlampe an alle