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... Hamsterleben, 11. Dezember hallo Ulli, ich bins mal wieder. wo war ich so lange? keine ahnung. im hamsterrädchen, habe mir einen abgerannt, vorweihnachtliche, milleniums akzeleration. plötzlich wird man zum wochendende aus der rennbahn geschleudert und ist ganz verduzzt: wo bin ich? ist das die erde? wie ist mein name, was für ein tag ist heute, wieviel uhr? ach, die sonne scheint. ach, es ist winter geworden. na sowas. wahrscheinlich geht das jetzt so weiter bis zum 31.12: zunehmendes tempo, zunehmende beklopptheit, alle verfallen in rauschhafte zustände, deadline-extasen, endzeitdelirien. dann, schlag zwölf, fliegen die sicherungen raus, der ganze menschenhaufen implodiert und eine unendlich ruhe tritt ein. man hört die vögel zwitschern, das säuseln des windes, den atem dessen, der neben einem steht. man blickt sich verblüfft in die augen und fragt: was haben wir all die jahre gemacht? unverständnis in den gesichtern, irritation. und sie, herr nachbar, waren sie nicht der mit den blauen hemden und den vielen aktien an der börse? und die dame dort hinten, wollte die mir nicht noch letzte woche eine rentenversicherung - renditesicher, risikofrei - andrehn? und der da, ist der nicht ständig in der News-bar gesessen und hat mit sich selber geredet oder ins freisprech-mikrofon? zuerst werden wir etwas schüchtern sein, unsicher lächeln, millimeter für millimeter aneinander rücken. schamhaft unsere körper befühlen, uns gegenseitig verstohlen in die arme kneifen. wir werden staunen beim anblick des morgengrauns und kichern, wenn der erste gockel heisser kräht. wir werden zwinkern und gähnen, uns räuspern und schütteln, wir werden die elektrischen geräte in unseren händen anschauen und sie achtlos fallen lassen. wir werden die kabel aus unseren häusern reisen, die chips aus unseren gehirnen, die plastikverschweissten reserven auf den müll kippen, die unausgefüllten formulare verbrennen; glitzernde mobile aus CDs basteln, hüpfburgen aus autoreifen, schillernde drachen aus pailletten-besetzten abendkleidern ... nach kurzer zeit jedoch, werden wir uns schrecklich langweilen, das ständige grinsen der mitmenschen wird uns auf den keks gehen. einer fängt damit an, nimmt sich den schönsten drachen, das größte mobile, ohne zu fragen, baut einen zaun drumrum usw. und der ganze stress beginnt von vorne. schöne aussichten oder worst case scenarios; aber was sollte sich auch ändern. geh ich heute abend ins kino, Arni anschauen: end of days. muskelmänner, wo seid ihr!? rettet die welt vor dem teufel und bewahrt uns vor dem samen des bösen! 007 Schröder wird es nicht tun. so long, lieber Ulli. grüß deine sekretärin schön von mir. schlampe |
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