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... HEIMATMUSEUM, Exponat Nr. 6 (29. November 2000)

Nr.6 Nein, Rindermarkt, nicht Rinderwahn! Zum Brunnen muß ich, eben zu dem am Rindermarkt. Gegenüber das KONEN-Haus, gerade abgerissen, nun wieder aufgebaut. Konen ohne h. Ich weiss, bei denen mit haben sie letztens Tiermehl gefunden. Nicht viel mehr als eine Schaufel im Futter. "Wir sind jetzt Risikogebiet", warnt auch Herr Seehofer. Vorbei die Tage des glücklichen Bayernrindes, vorbei saftiger Rinderbraten und Rindfleischklößchen mit blauem Kraut. Letzteres gab es noch vergangenen Sonntag bei Barbara Stamm. Herr Wiesheu hat noch nie so richtig darauf geachtet, was auf seinem Teller liegt und Herrn Stoibers Gattin kauft beim Metzger in Wolfratshausen, "da weiß man, was man bekommt. Da kann man vertrauen."

Vertrauen scheint mir in der Sache das Schlüsselwort. Dieses Museums-Exponat sieht also so aus: weibliche Person, schätzt ihre Chancen als "gut ***" ein, putzt mit Lust und Liebe Schuhe, geht ständig in fremde Wohnungen mit, und - wenn ich ihren Fragebogen richtig interpretiere - dabei nach dem Telefonbuch vor. Landet zunächst bei Ulla Fischer, mit der sie fragt: "Werden die Erreger auch über das Sperma der Rinder übertragen? Sämtliche Kühe werden ja heute fremdbesamt.", dann bei Gabi Ritter, "Kann es nicht sein, dass die Risikomaterialien trotz Verbots irgendwie in die Wurst kommen" (für alle, die später dazugekommen sind: hier geht es nicht um die NPD). Später bei Schnelltest-Experte Norbert Maier.

Norbert Maier ist Vorreiter und unsere weibliche Person fasst sofort Vertrauen. Wenn Sommer wäre würden sie sich mittags am Rindermarkt treffen. Beim Brunnen. Auf den Stufen würden sie sitzen, ihre Plastikgabeln auspacken, mitgebrachten Thekensalat aus Plastikbox essen. Sie würden über die Arbeit plaudern, den Mengenrabatt beim Prion-Protein Test hinterfragen. Und irgendwann gesteht SIE, dass sie jetzt gerade an das Bett in ihrer Wohnung denkt, wie sie darin oft läge und den Himmel sehen könne. Taubenblau. Aber Norbert ist das ein wenig peinlich, denn im Gegensatz zu IHR hat er nie Heimweh bei der Arbeit. Er geht in seiner Arbeit auf, erst diese Woche wieder 600 Proben untersucht. Früher waren es gerade mal 50. Ein sinnvolles Geschäft, damit Leute wie Frau Stamm auch nächsten Sonntag wieder Fleischklößchen in ihre Suppen zu werfen wagen.

Unsere weibliche Person und Norbert Maier werden kein Paar. Das Vertrauen war nicht stark genug. "Es gibt leider keine Erkenntnisse darüber, wie hoch die Konzentration sein darf, bis das Fleisch gefährlich ist", sagt Maier. Es ist auch nicht Sommer und kein Mensch sitzt auf den Stufen am Rindermarkt. Kann passieren: "dass man sich völlig irrt", sagt die weibliche Person und könnte davor Angst haben.

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chlampe an alle