Hosen für die Frau

"Versuche, Hosen auch für Frauen durchzusetzen, hat es bereits Anfang des [20.] Jahrhunderts gegeben. Und das nicht nur in der sportlichen Version der 'Bloomers' für Radfahrerinnen. Schon ab 1900 wagten sich immer wieder modemutige junge Frauen in Hosenanzügen auf die Boulevards, aber die spöttische Ablehnung, auch durch Geschlechtsgenossinnen war groß.
Erst im Krieg wurden Frauen in Hosen zur Selbstverständlichkeit, anders hätten sie ihre neuen aufgaben kaum erfüllen können. Mit Mode hatte das nichts zu tun. Dennoch entdeckten viele, daß sie auch in Beinkleidern chic aussehen konnten, und vor allem der Overall, der an die Uniform der bewunderten Flieger erinnerte, fand bei Frauen großen Anklang. Was sich bei der Arbeit schickte, war aber bei gesellschaftlichen Anlässen immer noch verpönt. der Siegeszug der Hose entwickelte sich so langsam wie die Emanzipation: In Zeiten, in denen Hosen für Frauen akzeptiert waren, ging es mit großen Schritten vorwärts, wann immer eine 'neue Weiblichkeit' gefeiert wurde, ging es für eine Weile nur noch in Trippelschritten weiter.
So war unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg die Zeit reif für den Smoking als Gesellschaftsanzug für Frauen. (...) 1931 forderte der Bürgermeister von Paris Marlene Dietrich auf, die Stadt unverzüglich zu verlassen, weil sie es gewagt hatte, sich im Herrenanzug auf der Straße zu zeigen. Dabei hatte die weitgeschnittene Hose damals schon als Freizeitkleidung und sogar als Abend-Pyjama Forore gemacht. (...) Erst gegen Ende dieses Jahrhunderts hat der Hosenanzug für Frauen auf allen gesellschaftlichen Ebenen Akzeptanz gefunden."

Charlotte Seeling: "Mode. Das Jahrhundert der Designer", S. 62

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