gestern

... HEIMATMUSEUM, Exponat Nr. 19 (13. Februar, 2001)

Nr.19 Ein bisschen Bahnhof, aber nur ein bisschen, eben Ostbahnhof. Hier kreuzen sich Geschichten und Ereignisse. Hier fahren Züge ab und durch. S-Bahn-Züge zum Flughafen. Wie dort wird hier gewartet, aber nicht per Lautsprecher auf unbeaufsichtigtes Gepäck hingewiesen. Niemand achtet auf den Jutesack; die Plastikbombe tickt.

Vier Zigarettenstumpen im Aschenbecher, Lippenstiftspuren an Filtern. Zwei leere Latte Macchiato Gläser, lange blassweiße Fingernägel, blonde Frauen an Mobiltelefonen. Rendezvous.

Jemand hat einen Tip abgegeben: Illy-Cafe am Ostbahnhof, 15 Uhr. Jetzt sitzt er hier, sein rechtes Bein wippt hektisch zu imaginärem Techno-Beat. Wie nur Männerbeine das tun. Sprachlose Talkshows im TV, eine Message auf dem Display, das eigene Gesicht mehrfach gespiegelt und keine Frau, die zu ihm sagt: "Ich bereue viel, aber ich lerne aus meinen Fehlern!"

Oder dass sie noch nie Heimweh hatte. Oder Angst haben könnte vor der Einsamkeit. Jede Woche kommt sie, jede Woche eine Chance verpasst. Aus den Lautsprechern plätschert Karibik, dass man über die kleinen roten Stehtischchen schuckeln möchte. So schön wäre das.

Das DB-Reisebüro wirbt für URLAUB.
Jede Woche sechs Falsche im Lotto.
Die S-8 zum Flughafen alle 20 Minuten ohne dich.

Die zwei Blondinen stehen auf, zahlen und gehen. Er folgt ihnen in kurzem Abstand. Der Jutesack weiterhin unbeachtet. Der Lottoschein unter den Nebentisch geflattert. Jetzt ein Zufall.


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gestern ...
... So ein Zufall!


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chlampe an alle