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... HEIMATMUSEUM, Exponat Nr. 2 (15. November 2000)

Nr.2 Das zweite Exponat wurde uns von einer Dame mit T-Shirt Größe M zur Verfügung gestellt. Wir (und heute ist uns nach schlampe Majestatis), wir vermuten eine Dame, obwohl die Vorwahl des Handys 0171 natürlich nichts über Geschlechtszugehörigkeiten verrät. Die Antworten auf dem Fragebogen erscheinen uns aber so zart, durchsichtig blau, dass wir sie weiblich nennen möchten, die Befragte. Zum Beispiel Rose. Ihr Bett hat sie mit Bergseilen auf dem Auto ihrer Eltern befestigt, um es hierher zu bringen, und sie wohne zu kurz, schreibt Rose, um eine vernünftige Antwort zu geben auf die Frage nach einem Ort in München. Diesen Ort also, danke Rose, diesen Ort gilt es für uns zu finden.

Ein Ort der Unvernunft, ein Ort des nicht Gewußten, ein Ort jenseits des Bekannten, jenseits der Sandkastenfreunde. Ein Ort mindestens eine Autofahrt vom Elternhaus entfernt. Ein etwas wackliger Ort, ein Ort in einem großen Zeitraum. Ein gefährlicher Ort vielleicht. Ein Ort, der Angst macht, der das Herz höher schlagen lässt, den Puls beschleunigt und Röte in die Wangen treibt. Ein Ort, den man nicht umgehen kann, den man sucht und aufsucht und immer wieder, der lockt, verführt, die Kehle zuschnürt; "Wirf deine Angst in die Luft", sagt Rose, die andere, Ausländer, und in Ermangelung eines Rose-Ausländer-Platzes in München, begeben wir uns an den Rosa-Luxemburg-Platz. Denn dort, die Sache beginnt zunächst neutral wie Handyvorwahlen, steht eine Telefonzelle, nehmen wir an, wir verraten nicht den exakten Standpunkt.

Und wie immer an solchen Orten regnet es. Nein, es stürmt, Herbst ist. Klitschige Blätter kleben an Schuhsohlen, Tropfen rinnen vom Kinn. Die Telefonzelle ein Zufluchtsort, einigermaßen trocken und neutral wie gesagt, und um dabei zu bleiben, wählen wir eine Nummer: in der neutralen Schweiz.

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... Die Nummer des pseudonymen Dichters


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chlampe an alle