... LEi/iEBESÜBUNGEN - Projektbeschreibung
PHASE I: StoriesMovingSHIFT - ein SMS/Internet-Projekt
PHASE II: BodyTracks (=2'30") - ein Audio/Hörfunk-Projekt
PHASE III: Ceci n'est pas un pied - ein Video/Performance-Projekt
DIE IDEE:
'Wo beginnt das Gesicht eines Fisches und wo endet es?' (Yoko Tawada)
Wo beginnt ein menschlicher Körper und wo endet er? Oder wie der späte Wittgenstein fragt: 'Wie weiss ich, wo ich bin? Wie weiss ich, was ich meine?' Wie wissen wir im Zeit-alter technischer (Re-)Produzierbarkeiten, ob die Zeichen die wir digitalisiert versen-den, nicht Teil unserer Gesichter sind, unserer Körper und Identitäten? Sind wir es nicht selber, die wir uns vervielfältigen, vernetzen, ausbreiten, fragmentieren und immer neu, immer anders wieder zusammensetzen? Da heißt es Abschied nehmen von der Einheit des Subjekts, von linearen Lebensläufen und repräsentierbaren = abbildbaren Verkörperungen. Der Körper selbst wird zum (halb)öffentlichem Erzählraum, zur bewegten Bühne, die Differenz zwischen Sprache - ich - und Vorstellung aufgehoben.
Das Internet mit seinen vielfachen Vernetzungen und ungezählten Versionen persönlicher Gesichter und Geschichten liefert hierfür eine Vorlage. Auch der globale Datenraum ist ein Erzählraum, im ständigen Prozess der Veränderung, Rekonfigurierung und Aktuali-sie-rung begriffen. Eine unabgeschlossene Geste, wie jemand sagte; so wie Identität als unab-geschlossene, nach allen Richtungen hin offenen Geste gefasst werden kann.
Dem Aufspüren solcher Identitäten und Identitätspartikel widmet www.schlampe.de ein neues Projekt: LEi/iEBESÜBUNGEN schreibt sich dem kontingenten Körper auf den Leib und trainiert so Wahrnehmung und Gespür. Denn noch sind wir absolute beginners im multilinearen, polyperspektivischem Begreifen unserer Umwelt und Personen.
Beispiel: Eine Hand, beharrt das westlich-rationalistische Denken, sei eine Hand. Nicht mehr, nicht weniger. Getrude Stein würde vielleicht gemeint haben, eine Hand sei eine Hand sei eine Hand. In Indien haben die Avatare Augen auf ihren Händen (und mehr als zwei davon), und selbst in unserem Kulturkreis kennt man eine Hand gleichzeitig als eine Öffentliche Hand, eine schützende Hand, eine schlagende oder abgeschlagene oder in Unschuld gewaschene, als Hand-lung, Hand-y oder mit Fuß, wir sprechen von Händen in Verbindung mit Staubsaugern, Auflagen und Gemengen und umdrehen können wir sie auch.
Es geht, wie gesagt, um das eigene Be-greifen. In einer Variation des Narziss: 'Könnte ich mich doch von meinem Körper lösen! Ein neuartiger Wunsch bei einem Liebenden: ich wollte der Gegenstand meiner Liebe wäre nicht bei mir.' (Ovid: Metamorphosen). Vom Leib zur Liebe, von der Hand zum Herz.
LEi/iEBESÜBUNGEN nimmt nicht nur individuelle Leibesvisitationen vor, sondern gene-riert dadurch einen kollektiven Körper, der als Text im WorldWideWeb allmählich wächst und interagiert. Wie eine Liebesäffäre, die im Netz beginnt ist auch die erste Phase von LEi/iEBESÜBUNGEN vom geschriebenen Wort und statischen Bildern bestimmt. Man lernt sich kennen, nähert sich an den anderen/die andere an, gibt Geheimnisse preis und ent-deckt verborgene Seiten, Wesenszüge, Wünsche. Der vorher kalte Screen wird warm, lebendig, das Mail- oder Textprogramm zum realen Interface; Computerfenster, die sich öffnen - nicht nur als Metapher.
In der zweiten Phase bekommt die Stimme, die durch den Rechner spricht - die bislang jedoch immer nur meine eigene lesende Stimme war - einen neuen Klang, einen eigenen Sound. Man telefoniert, man redet, man schweigt; legt Hand an sich, die eigene Hand = die Hand vom anderen Ende der Leitung. Leibesübungen. Liebesübungen.
In der dritten und letzten Phase findet Begegnung in Echtzeit statt. Das erste Treffen; ein Abgleich von Wahrnehmungen; Überraschung; unter Umständen auch Enttäuschung. Immer und in jedem Fall jedoch ein Experiment. Die Grenzen zwischen 'real', 'virtuell', 'fiktiv' sind gefallen - das wird der Zweck der Übung sein. Wir sind in jedem Augenblick, in jedem Atemzug ebenso real wie irreal wie Fiktionen oder Projektionen unserer selbst und anderer.
... Das Projekt LEi/iEBESÜBUNGEN ist in drei Phasen konzipiert:
